Wir beide.


Jeden Morgen laufe ich zusammen mit meinem kleinen Hund zur Arbeit. Es ist keine lange Strecke und würde ich zügig laufen, dann wäre der Weg in unter zehn Minuten geschafft. Ich schaffe es jedoch keinen Morgen unter einer halben Stunde Gehzeit. Das liegt nicht an mir, sondern an der kleinen Fellnase, die ich mit dabei habe.

Morgens ist ihre Schnupperzeit. Da wird jeder Grashalm ausführlich beschnuppert, es wird sich gewälzt im noch taufrischen Gras, und manchmal steht sie bestimmt zwei Minuten an der gleichen Stelle und schaut sich um. Es ist ihr Ritual, als würde sie alles um sich herum auf sich wirken lassen und den Tag ganz in Ruhe starten wollen.

Ich gebe zu, manchmal macht es mich wahnsinnig. Wenn ich viel zu tun habe oder spät dran bin. Wenn ich in meinen Gedanken schon bei der Arbeit bin und mich dieser kleine Hund nur aufhält. Wenn ich am liebsten schon schneller, weiter und beschäftigter wäre. Wenn ich es mit mir selbst und dieser ganzen Ruhe nicht aushalten kann.

Aber sie lässt sich nicht stressen. Ich müsste sie schon an der Leine hinter mir her ziehen, oder gar tragen, um schneller voran zu kommen.

Da das aber keine Option ist, muss ich da durch. Jeden Morgen. Das war vor ein paar Tagen die Erkenntnis.

 

Es gehört einfach dazu.

Das Erstaunliche daran ist jedoch, dass ich, seit dem Zeitpunkt an dem ich diese Erkenntnis hatte, den morgendlichen Spaziergang gar nicht mehr schlimm finde. Ich weiß jetzt, es ist so. Ich weiß jetzt, mein Hund braucht diese kleine Ruhepause, diesen langsamen Start in den Tag. Ich weiß, dass all meine Hektik das nicht ändert.

Es ist, als hätte ich mir selbst die Erlaubnis gegeben, mit ihr langsam zu machen. Ich darf den Tag auch in Ruhe starten und mich auf alles einstellen was da kommt. Es ändert am eigentlichen Geschehen nichts. Wir sind immer noch gleich schnell oder eher gleich langsam, wie die Tage davor auch. Aber ich kann diese Minuten morgens nun selbst mehr genießen und mich sogar darauf freuen. Es ist unsere kleine Auszeit.

So stehen wir nun also morgens im taufrischen Gras und schauen uns um, lassen die Welt auf uns wirken. Wir beide.